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Kindererziehung

Großeltern haben keine Lust mehr, ihren Enkel aus der Kita abzuholen – „zu anstrengend“

Andreas Apetz
07/12/2025 10:03:00

„Regeltreu“

Die Großeltern finden ihr Enkelkind „zu belastend“ und wollen es nicht mehr betreuen. Die Mutter ist enttäuscht – eine Pädagogin erklärt, woran es liegt.

Frankfurt – „Wir sind leider nicht so gesegnet mit involvierten Großeltern, wie ich es mir wünschen würde“, beginnt eine Mutter ihren Beitrag im Online-Forum Reddit. Oma und Opa hätten keine Lust mehr, auf ihr fünfjähriges Enkelkind aufzupassen. Der Grund: Das Kind sei „zu anstrengend“ und „zu belastend“.

Für die Beziehung zwischen Großeltern und ihren Enkelkindern ist es wichtig, gegenseitige Perspektiven einzunehmen. (Symbolfoto)

Anderthalb Jahre lang hätten sie die Fünfjährige einmal die Woche von der Kita abgeholt und danach etwas mit ihr unternommen. In der jüngsten Vergangenheit hätten sich die Großeltern jedoch zunehmend beschwert. Das Mädchen wolle nicht von der Kita oder vom Spielplatz weg, sage nicht „Danke“ für das Eis und spiele lieber allein als mit den Großeltern.

„Zu belastend“: Großeltern fordern „natürliche Autorität“ über Enkelkind

Die Mutter beschreibt ihre Tochter als „regeltreu und wohlerzogen“, mit den typischen Launen einer Fünfjährigen. „Dass das Kind sich in der Kita oder auf dem Spielplatz nicht loseisen kann, finde ich normal und ist bei mir genau so. Ich erwarte auch nicht, dass es jedes Mal ein ‚Danke‘ gibt, wenn ich ihr etwas zu essen gebe, auch nicht beim Eis“, schreibt die Mutter in ihrem Reddit-Beitrag. Obwohl die Enkelin von sich aus liebevoll auf ihre Großeltern zugehe, beklagten diese eine fehlende „natürliche Autorität über das Kind“.

Natürliche Autorität entstehe jedoch nur aus Verbindung und Sicherheit, sagt Diplom-Pädagogin Susanne Mierau der Frankfurter Rundschau von Ippen.Media. Da das Kind auch immer wieder aktiv nach dem Kontakt mit den Großeltern suche, sei es deren Aufgabe eine rücksichtsvolle und sichere Beziehung zur Enkelin aufzubauen. „Es ist wichtig, dass die Großeltern auf das Kind zugehen und erkennen: Hier steht ein Kind und kein Erwachsener. Und das Kind ist auch keine Maschine, sondern ein Mensch, der nicht auf Knopfdruck reagiert und ein gewünschtes Verhalten abspult“, erklärt die Pädagogin.

Mutter wehrt sich gegen Erziehungstipps: „Ich will ihr nicht vermitteln, dass sie nur dann geliebt wird“

Die Mutter berichtet: Ihr Umfeld habe ihr geraten, die Tochter anders zu erziehen. Das Kind solle lernen, sich bei den Großeltern so zu benehmen, wie diese es erwarten. „Ich will ihr nicht vermitteln, dass sie nur dann geliebt wird, wenn sie sich auf eine bestimmte Weise verhält“, wehrt die Mutter ab. „Ich hatte ein sehr enges Verhältnis zu meinen Großeltern und das war bedingungslos.“

Unterschiedliche Generationen hätten unterschiedliche Erwartungshaltungen an Kinder, erklärt Mierau. Dabei sei es jedoch wichtig, zu reflektieren, ob diese Erwartungen wirklich sinnvoll sind und ob diese auch erfüllt werden können. Laut der Pädagogin sei es nicht erstrebenswert, Kindern beizubringen, sich einfach aus Gewohnheit zu bedanken. Stattdessen sollten Kinder „nicht nur Worthülsen lernen, sondern Bitte, Danke und Entschuldigung als Wert lernen, also auch ein Bewusstsein für Dankbarkeit entwickeln“.

Pädagogin stellt klar: „Gegenseitiges Verständnis ist der Schlüssel“

Das Verhalten der Großeltern könne durchaus als „problematisch“ bewertet werden, sagt die Pädagogin. Statt zu erwarten, dass sich das Kind anders verhalte, sollte die Perspektive gewechselt werden: Was könne man machen, damit die Zeit harmonischer laufe?

Dieser Perspektivwechsel müsse aber auch von der anderen Seite vollzogen werden. Mierau zufolge sei es wichtig, dass auch die Mutter noch einmal mit dem Kind über die Gefühle der Großeltern spreche: „Dieses Hineinversetzen ist durchaus bedeutsam für die kindliche Entwicklung.“ Durch das gemeinsame Reflektieren der eigenen Gefühle und der Gefühle der Großeltern könne so ein Ausgleich zwischen beiden Seiten geschaffen werden.

Am Ende sieht die Expertin beide Seiten in der Verantwortung: „So schön es ist, aktive Großeltern zu haben, gibt es darauf ebenso wenig Anspruch wie Großeltern erwarten können, dass das Kind einfach ihren Anforderungen folgt.“ Der Schlüssel liege im gegenseitigen Verständnis. (Quelle: Reddit, eigene Recherche)

Artikel von Hersfelder Zeitung