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Gesundheit

Vorsicht Weihnachtsgeschenke! Spielzeug kann Kindern schaden

Julia Vergin
09/12/2025 10:48:00
Leider gibt es keine Warnhinweise auf mit Schadstoffen belastetem Spielzeug. Riecht es stark, dann lieber Finger weg! monticello/Zoonar/picture alliance

Autos, Bausteine oder Puppen aus Kunststoff - alle Jahre wieder ist die Auswahl an möglichen Geschenken so groß wie die Freude der Kinder, wenn sie die Pakete an Weihnachten öffnen dürfen.

Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie - eine Fachgesellschaft für Forschende, die sich mit der Funktion von Hormonen beschäftigen -dämpft die Vorfreude allerdings mit einer Warnung: Viele Kinderspielzeuge enthalten sogenannte "endokrine Disruptoren" , die Stoffwechselprozesse, Wachstum, Gehirnentwicklung und Fruchtbarkeit negativ beeinflussen können.

Endokrine Disruptoren (ECD) sind Chemikalien, die schon in kleinen Mengen die Funktion von Hormonen stören und schädliche Effekte haben können. Zu den endokrinen Disruptoren gehören Weichmacher wie Phtalate und in vielen Lebensmittelverpackungen vorkommende Bisphenole. Außerdem bromierte Flammschutzmittel, die Kunststoffe schwerer entflammbar machen sowie die sogenannten "Ewigkeitschemikalien" PFAS, aber auch Schwermetalle wie Cadmium und Brom.

Für Kinder sind Schadstoffe besonders gefährlich

Das Problem: diese Substanzen befinden sich in allen möglichen Alltagsgegenständen wie Kosmetikprodukten, Kunststoffen, Lacken oder Textilien. Vor allem aber auch in billigem Kinderspielzeug, so Josef Köhrle vom Institut für Experimentelle Endokrinologie an der Berliner Charité in einer Pressekonferenz.

Als Endokrinologe erforscht Josef Köhrle die Wirkung verschiedener Stoffe auf Hormonsysteme im Körper.

"Bei Kindern sind Haut und Schleimhäute als Barrieren für Schadstoffe noch nicht voll ausgereift", sagt Köhrle. Hinzu kommt, dass kleine Kinder die Welt mit dem Mund erkunden. Durch dieses typische Verhalten "kann die EDC-Belastung massiv erhöht werden."

EDCs: extrem schädlich und zu wenig reguliert

Endokrine Disruptoren zählen in der EU zu den besonders besorgniserregenden Stoffen (substances of very high concern). Damit gelten sie als ebenso große Gefahr wie krebserregende oder erbgutschädigende Substanzen wie beispielsweise Asbest. Und trotzdem landet das Zeug in Spielzeugen für Kinder.

Für Experten wie Köhrle liegt das an der "Durchseuchung unseres Marktes mit billigen Produkten", bei deren Herstellung sich nicht an EU-Richtlinien gehalten wird. Unternehmen wie Amazon, Shein und Temu tragen zur großflächigen Verbreitung bei. Das können sie ungehindert tun, weil die Einhaltung der Richtlinien nicht ausreichend kontrolliert und durchgesetzt würde, kritisiert Köhrle.

Das Europäische Parlament hat allerdings nachjustiert und sich auf neue Sicherheitsvorschriften für Spielzeug geeinigt. "Die EU ist weltweit führend in dem Versuch, Regulierungsstandards für Produkte und Chemikalien einzuführen und durchzusetzen", sagt Köhrle zwar.

Billiges, gefährliches Spielzeug wird vorerst trotzdem weiterhin zu kaufen sein. "Es wird - optimistischen Schätzungen zufolge - mindestens 4,5 Jahre dauern, bis dieser Beschluss in die Realität umgesetzt werden kann", sagt Köhrle. Auch deshalb, weil jede Nation selbst für den Gesundheitsschutz seiner Bevölkerung zuständig ist.

Wie vermeide ich gefährliches Spielzeug?

Um Kunststoffe oder Textilien, die einen starken chemischen Geruch verströmen, sollten Schenkende einen Bogen machen. Textilien sollten gewaschen werden, bevor sie in Kinderhände gelangen. Am besten sind Produkte namhafter Hersteller.

Verlässliche EU-weit geltende Siegel, die ein Produkt als sicher und den EU-Standards entsprechend kennzeichnen, gibt es bisher nicht. Auch das bemängeln Experten wie Köhrle.

Die neuen EU-Sicherheitsvorschriften sehen zukünftig einen digitalen Produktpass für Spielzeuge vor, mit dessen Hilfe Behörden und Verbraucher nachvollziehen können, ob das Produkt sicher ist.

Bis dahin bleibt die Verantwortung in den Händen des Einzelnen. Neben Geruchstests kann ein Blick in die europäische Rückrufdatenbank bereits vor dem Kauf helfen, gefährliche Produkte zu meiden .

Vor altem gebrauchten Plastikspielzeug sollten Eltern, Onkel oder Tante auch lieber absehen. Durch die abgenutzten oder beschädigten Oberflächen sei die Gefahr der Freisetzung von EDCs noch höher, so Köhrle. Bei älterem Plastikspielzeug bestehe zudem die Gefahr, dass es Stoffe enthält, die mittlerweile verboten sind.

"Viele EDCs sind sehr langlebig, sie zählen zu den sogenannten 'persistant organic polluters'", so Köhrle. Ein weiterer Grund für ihn, den Druck auf die Behörden zu erhöhen und Verbote oder bessere Regulationen und Kontrollen zu erwirken.

Artikel von DW