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Technik

Balkon-Solar: Kleine Kraftwerke für Zuhause boomen

Gero Rueter
25/11/2025 11:43:00
Freude über einfache Technik für alle mit großem Potential. Balkonkraftwerke sind beliebt und werden zunehmend installiert Hendrik Schmidt/dpa/picture alliance

Mehr als eine Million Steckersolargeräte wurden in den letzten drei Jahren in Deutschland installiert. Neu ist: immer mehr davon habe auch Batteriespeicher. So kann der erzeugte Strom auch später genutzt werden.

Die Module sind bis zu zwei Quadratmeter groß, bis zu vier kommen in eine Minianlage. Die Montage ist einfach, und die Anlangen funktionieren so sicher wie andere Haushaltsgeräte – nur umgekehrt. Der Strom fließt vom Solarmodul per Wechselrichter über die Steckdose ins Wohnungsnetz.

Der Kölner André Hoffmann ist begeistert von Steckersolarmodulen mit Batterie. Er will einen Großteil des Strombedarfs in seiner neuen Wohnung damit decken Gero Rueter/DW

Günstiger Strom vom eigenen Balkon

Die Preise für Module und Batteriespeicher sind weltweit stark gefallen. Darum kosten Balkonanlagen mit Speicher heute nur noch halb so viel wie vor zwei Jahren.

Kleine Modelle gibt es ab etwa 200 Euro, größere mit vier Modulen plus Speicher schon für unter 1000 Euro. In Deutschland erzeugen sie Strom für 7 bis 15 Cent pro Kilowattstunde – deutlich günstiger als der Netzstrom, der im Schnitt fast 40 Cent kostet.

Laut der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) amortisiert sich die Anschaffung meist nach vier bis sieben Jahren. Danach ist der selbst erzeugte Strom kostenlos. Mit dem Online-Rechner der HTW lässt sich einfach berechnen, welche Anlage zur eigenen Wohnung passt und wie viel Geld man sparen kann.

Solarmodule können über 30 Jahre lang halten und Strom erzeugen. Bei Batterien "kann man mit einer Lebensdauer von 10 bis 15 Jahren rechnen", sagt Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW. Mit vier Modulen und Speicher lasse sich in Mitteleuropa etwa die Hälfte des Strombedarfs eines Zwei-Personen-Haushalts decken.

Der Markt boomt: Steckersolaranlage mit Speicher senken die Stromkosten in Wohnungen erheblich Anker SOLIX

Mehr Sonne, mehr Strom

Zwar gibt es viele sonnige Regionen weltweit, wo Balkonsolaranlagen viel mehr Strom erzeugen könnten als in Deutschland. Doch noch werden "die meisten Steckersolargeräte in Deutschland verkauft und das mit weitem Abstand zum Rest der Welt", sagt David Breuer, Geschäftsführer des Kölner Onlineshops Yuma.

Der Boom hat mehrere Gründe: sinkende Preise, bessere Technik – und politische Unterstützung. Seit 2023 fällt in Deutschland keine Umsatzsteuer mehr auf private Solaranlagen an. Im Juni 2024 hat die EU Richtlinien für Steckersolargeräte beschlossen. Und seit Oktober 2024 dürfen in Deutschland Mieter und Wohnungseigentümer Solarmodule einfach selber - ohne Bürokratie und Elektriker - am Balkon anbringen.

Erlaubt sind Geräte mit bis zu 2000 Watt Modulleistung. In den meisten EU-Ländern dürfen die Geräte bis zu 800 Watt Strom direkt ins Wohnungsnetz einspeisen. Diese Begrenzung schützt die Stromleitungen in der Wohnung vor Überlastung, das macht die Nutzung sicher.

"Wir haben in Deutschland das Modell entwickelt und nun sehen wir ein großes Interesse auch in anderen Ländern. Gerade war eine Delegation aus Tokio zu Besuch. Die wollen die Steckersolargeräte einführen und informierten sich über die technische Sicherheit", sagt Thomas Seltmann, Experte für Steckersolargeräte beim Bundesverband Solarwirtschaft gegenüber der DW. Auch in vielen EU-Ländern und anderen Staaten wie Brasilien und den USA wächst das Interesse.

Die Speicher stehen drinnen oder draußen. Ein intelligentes Messystem steuert das Laden und Entladen des Speichers für die optimale Solarstromnutzung in der Wohnung Gero Rueter/DW

Energiewende zum Mitmachen

Bis 2045 will Deutschland klimaneutral sein. Steckersolargeräte könnten bis dahin bis zu zwei Prozent des Strombedarfs decken, schätzt Energieexpertin Prof. Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Bisher kommt der meiste Solarstrom in Deutschland aus Dachanlagen, gefolgt von großen Solarparks.

Für viele Kunden ist eine Einsteckanlage für den Balkon erst der Anfang. "Sie sind ein Einstieg in andere Maßnahmen wie größere Photovoltaik-Anlagen oder den Kauf eines Elektroautos oder einer Wärmepumpe", so Christoph Kost vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE.

"Steckersolargeräte ermöglichen es den Menschen, selbst Teil der Energiewende zu werden, ihre Stromkosten zu senken und sich unabhängiger von Energiepreisschwankungen zu machen", sagt Kemfert der DW. So hätten auch Menschen in Mietwohnungen einen einfachen Zugang zu eigener Solarenergie.

Vor dem Kauf: Gute Beratung lohnt sich

Vor dem Kauf der Anlagen "ist gute Information wichtig", sagt Tobias Otto vom Solarförderverein Deutschland SFV, der in Solarsprechstunden unabhängig berät.

Ob sich eine Anlage lohnt, hängt von mehreren Faktoren ab: Wie viele Module passen auf Balkon, Terrasse oder Dach? Wie ist der Sonnenstand vor Ort? Und in welchem Winkel sollten die Module installiert werden?

Auch Strompreis und Verbrauch spielen eine Rolle. Mit diesen Daten lässt sich berechnen, welche Anlage sinnvoll ist. Bei Systemen mit drei bis vier Modulen lohnt sich oft ein Batteriespeicher mit intelligenter Steuerung.

Diese misst den Strombedarf am Zähler oder an Steckdosen. Die Batterie gibt dann genau die Menge Strom ab, die gerade gebraucht wird. "Ohne solche Messgeräte kann der Speicher in der Regel nicht sinnvoll gesteuert werden", betont Otto gegenüber der DW.

Einige Steckergeräte mit Batterie haben beispielsweise auch eine Notstromversorgung und helfen beim Stromausfall. Zudem können viele Batterien auch draußen aufgestellt werden. Sie verbrauchen dann aber bei sehr kalten oder warmen Temperaturen auch selbst etwas Strom.

Wichtig ist auch die Qualität der Produkte. Von Billig-Anbietern und Discountern raten Experten ab. "Da wird viel wildes Zeug angeboten", sagt Seltman, der früher bei der Verbraucherzentrale gearbeitet hat. "Wir empfehlen deshalb den Kauf bei spezialisierten Fachhändlern."

Artikel von DW